Leibhaftig

von Luxus Lazarz

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Dass der Mensch nicht sein Körper ist, sondern allein jenes geistige Wesen, was den Körper bewohnt, als Raumanzug nutzt, um Erfahrungen zu machen, ist schon seit Jahrtausenden bekannt. Deshalb sollte es den Lesenden auch nicht verwundern, dass im Kurs das EGO mit dem Körper gleichgesetzt wird. Da es unser Körper ist, welcher den Ausdruck des Gedankens der Trennung vollendet darstellt.

In gewisser Weise kann ich das nachvollziehen, denn im Laufe der eigenen Entwicklung sieht man irgendwann keine Körper mehr, beziehungsweise das Geschlecht des Anderen, sondern nur die Menschen, also deren Geist oder auch Seele, welche ein Körper umschließt.

Und das EGO hat ja tatsächlich, genau wie das iCh – mittels Gedanken – Einfluss auf die Befindlichkeiten des Körpers. Denn mal sieht man den Körper durch die Augen des EGOs und ist erschrocken, doch nur Sekunden später, kann auch das iCh sich im Licht sehen und die Täuschung entlarven. Ein Zustand, der solange wechselt bis die Gedanken des iCh überwiegen, und in diesen ist der Anblick des Körpers zweitrangig. Denn in dieser Ebene wirkt der Heilige Geist mit dem iCh in Harmonie und das Wohlbehagen kann sich ungehindert ausweiten. Dies vollkommen gleichgültig, wie die äußeren Befindlichkeiten sich darstellen. So kann man selbst in scheinbaren Schwierigkeiten, auch Momente des Glücks erleben, Frieden fühlen und im gefahrlosen Jetzt verweilen.

Und, wer kennt sie nicht, die merkwürdigen und doch oft unbeleuchteten Erfahrungen, in denen uns das EGO innerlich einen üblen Gedanken nach dem anderen einverleiben will? Gedanken, die ihrem Zweck entsprechend Übelkeit verursachen oder Schuldgefühle, Schmerzen und auch unbegrenzte Aussichtslosigkeit. Bevor man jedoch ganz abstürzen kann, in die vom EGO sorgfältig zurecht gezimmerte Pförtnerbude, klingelt ein Telefon oder jemand klopft an die Tür; ein Vogel fliegt gegen das Fenster, in der Küche kocht die Suppe über und oder Anderes passiert überraschend. Der Heilige Geist ist da sehr erfinderisch in seiner Art und Weise, Gottes Liebling stetig wieder aus den Klauen des EGOs zu lösen. Es passiert also etwas, was unsere Gedanken in die Wirklichkeit lenkt und man muss vorübergehend loslassen, was zuvor im Kopf rumorte, da die Realität sich nicht abwimmeln lässt.

Ist die Störung des Unfriedens jedoch wieder vorüber, der Gast gegangen, alle Umstände bereinigt, steht man kurzfristig in einem neuen Moment, der auch den Körper friedlich umhüllt. Dann muss man sich schon bewusst erinnern, im Kopf nach dem Alten greifen, um an das – was vor der Unterbrechung gedacht wurde, wieder nahtlos anzuschließen. Spätestens hier kann nun die Erkenntnis auftauchen, dass jenes, was nur mittels Anstrengung erinnert werden kann, mit höchster Wahrscheinlichkeit bedeutungslos war und bleibt.

Ist diese Erfahrung in ihrer Gänze verinnerlicht, kann es zwar immer noch zu den eingangs erwähnten Situationen kommen, doch man wird nun nicht mehr warten, bis eine Glocke läutet, sondern dem EGO zum Beispiel sofort einen Vogel zeigen. Denn beim Blick aus dem Fenster, gibt es gar nichts zu Bedenken.

Man sieht den Vogel im Himmel fliegen, die Wolken darin treiben, im Garten die Primeln blühen, und all das wirkt unglaublich einschläfernd für das EGO im Menschen. Es mag das Schöne und Vollkommene gar nicht, denn des EGOs Nahrung sind nämlich ausschließlich Sorgen, Probleme mit all deren Begleiterscheinungen und auch Erfolge, die den Unterschied zwischen ihm und anderen Menschen deutlich machen sollen. Wobei all dies so gut wie nie – einen realen Bezug zum tatsächlichen Moment hat und sich letztendlich stets als unhaltbare Illusion erweist.

Abschließend bleibt noch zu bemerken, dass wenn das EGO der Körper ist, man als Mensch mittels sportlicher Aktivität, nicht nur den Körper stärkt, sondern auch das EGO darin. Ein Gedanke, der eventuell schwer verdaulich, jedoch stimmig ist. Zumindest dann, wenn ich mich daran erinnere, warum und zu welchem Zweck – ich selbst jahrelang – mittels sportlicher Übungen – meinen Körper bearbeitet habe. Eitelkeit, Angst und Fehlbildung waren mir Anlass genug. Bis zu dem Moment, wo mir bewusst wurde, dass ich dies – um die Form zu halten – bis an mein Lebensende tun müsste. Jeden Tag und über Stunden, das erschien mir irgendwie dann doch zu lang.

Daraufhin hab ich allen Sport sein gelassen und mich mehr auf die Wirkung anderer Dinge konzentriert. Nach und nach wurde mir intern erkennbar, dass das Wohlgefühl an und für sich, der einzige Weg zum Wohlfühlkörper ist. Denn dies erschafft einen Körper, der stets den tatsächlichen Erfordernissen entsprechend – alles leisten kann, was benötigt wird. Was man nicht schafft, ist bei genauerer Betrachtung – nur eine vom EGO auferlegte Last.

Somit sind tatsächlich die eigenen Gedanken wirklich der Dreh- und Angelpunkt für jede Wahrnehmung dessen, was wir als unseren Körper realisieren. Fühle ich mich nicht wohl, liegt dies nie an den Umständen, sondern immer an dem – was ich über diese Umstände denke, und somit auch über den Körper. Doch macht man sich diesen fundamentalen Kursgedanken, nämlich das jeder Mensch ein vollkommener Gedanke Gottes ist, zueigen, lässt dies Vertrauen in die Schöpfung erblühen. Und dieses Vertrauen steigert wieder das Wohlgefühl, zeitweise gar bis ins Unermessliche.

Dann schaut man zurück und fragt sich leis, warum hat mir das kein Mensch schon am Anfang gesagt, am Beginn des Lebens? Daraufhin antwortet der Heilige Geist in dir und mir, dass die Menschen es nicht wussten, ja gar nicht wissen konnten. Denn wenn Körper und Umfeld und die uns zugängliche Welt, allgemein unseren eigenen Gedanken entsprechend erscheint, dann kann man dort ja gar nichts finden, was man selbst nicht schon weiß.

Einer hat all das gewusst und in einer echt unangenehmen Situation, dennoch für die Schaulustigen, die Peiniger und Richter um Liebe gebeten, indem er rief,

Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.

Hätte das Göttliche seinen Sohn nicht gehört und den Mord nicht vergeben, gäbe es gar keine Welt mehr. Das ist ja wohl klar. Doch die Welt ist noch da, weil es das Göttliche gibt, das seine Kinder liebt und alles vergibt, was diese glauben lernen und tun zu müssen, und dies allein, um sicher zu sein, in ihrer Illusion von Trennung, Welt und Macht. Ein Irrtum, der den Menschen solange einholt und begleitet, bis diesem ein Wunder passiert und auf ewig in ihm erweckt, was länger noch als Dornröschen in uns träumte und schlief.

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