Die Welt der Ideen – 11

von Luxus Lazarz


Ahnbare Ähnlichkeiten


Ameisen
tragen seltsamerweise alles * was sie finden * nach Hause und begutachten dann dort, ob es nützlich für den Ameisenbau oder andere Ameisen ist. Alles scheint nützlich und Freizeit kennen Ameisen nicht.

Bienen gönnen sich auch mal zwischendurch eine Pause und fliegen nicht immer direkt nach Hause, weil sie neugierig sind.

Löwen liegen überwiegend faul und dennoch munter in den Inseln aus Sonne. Sie stehen nur auf, wenn leer ist ihr Bauch oder die Löwin unwiderstehlich mit dem Schwanz wedelt.

Schafe fressen den ganzen Tag alles, was sie finden. Gleichgültig, ob das Gefundene Blätter, Blüten oder Dornen birgt, ein Schaf beißt von allem ab, was sich auf seinem Weg durch den Tag in des Maules Reichweite bietet.

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Warum spielt der Mensch Ameise, Biene oder Schaf,
wenn er Mensch sein kann?

Dies fragte sich Marisah, überraschend in sich selbst, an einem klingenden Frühlingsabend. Betrachtete sie ihre eigene Vergangenheit, schien die Antwort ganz leicht. Denn Marisah wurde in einen Ameisenstaat geboren, und darum war es für sie auch fraglos richtig, sich wie eine Ameise in den Staatsplan einzuordnen. Bevor Marisah in sich selber erkennen konnte, dass sie ein Mensch war und keine Ameise, ging der Ameisenstaat allerdings unter. Zerbrach in Millionen Einsamkeiten und verschwand letztendlich im Würfelbecher der Welt. Zuvor wurden alle Ameisen weitestgehend einem benachbarten Bienenstaat beigeordnet, was dem heimlichen Wunsch eines Teils des kleinen Ameisenvolks sogar entsprach.

Unerrungen besaßen nun alle Ameisen plötzlich die Flügel der Freiheit. Doch nur einigen Ameisen gelang es, diese Flügel zu entfalten und zielgerecht einzusetzen. Auch Marisah machte sich das Nutzen der Flügel selbst schwer und erkannte nur zögerlich den Wert von stillen Gedanken, die anders wirkten als all die lauten, ängstlichen und abtrünnigen. Also all jene Gedanken, die sie beinahe 3 Jahrzehnte im Ameisenstaat gesammelt und verinnerlicht hatte. So vergingen mehr als 10 Jahre ihres Lebens im Bienenstaat, bevor Marisah sich selbst dessen bewusst wurde, dass sie zwar auch Ameise oder Biene sein konnte, jedoch ihr Erscheinen in dieser Welt wohl in erster Hinsicht damit zusammenhing, dass sie ein Mensch war.

In der Zeit des Erkennens verabschiedete sich Marisah auch von den irreführenden Behauptungen eines längst verstorbenen Philosophen, dass der Mensch zum Arbeiten und somit zwangsläufig zum Verteilen und Tauschen seiner Lebenszeit gegen Geld bestimmt war. Denn wiederholt fiel ihr die Beobachtung zu, dass dem bewusst lebenden Menschen alles und oft sogar mehr gegeben wurde – als dieser brauchte.

Sanft-zögerlich war Marisah nun bereit, sich von dem Glauben erlösen zu lassen, dass Arbeit und Geld miteinander in ihrem Leben in unerschütterlicher Beziehung zueinander stehen. Denn Geld konnte auf vielen Wegen zum Menschen fließen, wenn er nicht mehr auf die von ihm allein wahrgenommene Art bestand. Insgeheim glaubte sie daran, dass wenn das Geld in der Welt für den Menschen und dessen freies Leben eine erhaltende Bedeutung hätte, wie zum Beispiel das Wasser oder die Sonne für die Natur, dann müsste es dem Spie(ge)l der Natur folgend, auch in anderer und nicht planbarer Art einen Weg zu jedem Menschen finden. Derart, wie die Erde den Baum und das Tier versorgt, ist auch der Mensch Bestandteil einer sich selbst versorgenden Erfahrungswelt, die für ihn zwischen Himmel und Erde zur Verfügung steht. Diese verfügbare Welt ist unsichtbar, wird jedoch mittels der Gedanken und Gefühle des Menschen sichtbar bewegt. Eine Welt, die grenzenlos ist und aus deren Grenzenlosigkeit bedingt, sich unbegrenzter Reichtum in der greifbaren Wirklichkeit des Menschen  bilden kann. Und dies, ganz, ohne dass der Mensch auch nur einen Finger zu bewegen braucht, wenn er das nicht will. Denn er wird fühlbar geliebt von jenem Einen, was ihn tatsächlich einst das Leben gab und wird individuell geführt, in einer dem Verstande undenkbaren Art.

Die Natur selbst erschafft sich immer wieder neu, entwickelt einzigartige Spezies und zeigt dort Wachstum, wo freier Raum erscheint. Alte Arten gehen, neue Arten entwickeln sich. Somit stellt sich der Reichtum in der Natur wahrlich unbegrenzt dar. Alles, was verbraucht wird, wächst unbeirrt nach.

Auch für den Menschen ist es nie zu spät, seine inneren Gaben und Fähigkeiten zu entdecken, da im offenen Raum des Jetzt – immer alles möglich ist und das wahre Selbst des Lebens, weder ein zu spät noch Strafe kennt. Die selbst errichtete Grenze im Kopf des Menschen schwindet mit dem Vergehen der Tage, wenn der Mensch sein Denken und Bewusstsein – nicht mehr von der Gegenwart trennt.

Unglaublich, aber wahr – ist in jedem Jetzt mehr als nah. Solange es dem menschlichen Geist jedoch in Gedanken nach Schwierigkeiten gelüstet, kann er dies schwerlich bemerken.

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