Notizen 11

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Stets dann, wenn ich darauf beharre, dass etwas nicht anders sein kann, als ich es wahrnehme, habe ich recht. Dies jedoch nur solange, bis ich mich – früher nur notgedrungen – entscheide, meinen Geist für zumindest eine andere Sichtweise zu öffnen. Oft kann ich dann erkennen, dass mein Rechthaben ein Irrtum war. Und jedes Mal, wenn das passiert, werde ich sanfter mit mir und allem, was ist. Das war nicht immer so. Anfänglich machte sich da oft Ärger in mir bemerkbar. Auch Peinlichkeit oder Scham, bezüglich meiner Selbst oder des Anderen. Es fiel mir schwer zu akzeptieren, dass ich einen Fehler gemacht hatte, beziehungsweise mir einzugestehen, dass ich in mancher Hinsicht, nicht kontrollierbar bin.

Erst als ich mich dem Anschein nach, ‚ungewollt‘ in eine Situation gebracht hatte, aus der es für mich verstandesmäßig kein Entrinnen mehr gab, wurde es ganz still in mir. Da war kein Gedanke mehr, weder Schuldzuweisung, Selbstanklage noch Hoffnung. Und in dieser Stille fand eine Art von Erlösung statt, wie ich es zuvor noch niemals erfahren hatte. All das Leid und die Ideen, die ich zuvor mit den Folgen meines vorherigen Handelns verknüpft hatte, fielen mir aus dem Sinn. Plötzlich war es vollkommen bedeutungslos, was die Zukunft bringen würde. Ich fühlte einen unbeschreiblichen Frieden und mich in der sanftmütigen Stille, erstaunlich lebendig, unverletzbar und vom Leben behütet. Nichts war mehr wichtig. Es gab nur diesen einen Moment. Was danach kommen würde, spielte keine Rolle mehr.

Der Moment schien zu enden, als sich eine Tür auftat, durch die ein Wunder trat, welches die Vergangenheit heilte. Nichts hatte ich bewusst dafür gedacht oder getan. Nur still war ich geworden, still in mir und hatte aufgegeben, eine Lösung und Verständnis für das Unlösbare, in meinen eigenen Gedanken finden zu wollen. Wahrlich hatte ich das Schlachtfeld meiner Gedanken verlassen und war in den Frieden und das Licht der lebendigen Stille eingetaucht. So einfach war das und doch dem Anschein nach so schwer.

Damals war mir der Inhalt dieser Lektion, noch nicht wirklich bewusst. Dennoch begann das Ego stets dann in mir zu schwinden, wenn ich die Art des innerlichen Rückzugs aus dem gedanklichen und auch verbalem Gefecht praktizierte. Im Kopf klar wurde und mir der Wirklichkeit bewusst.

Es dauerte Jahre und bedurfte zahlreicher Erfahrungen, bis es mir sozusagen selbstverständlich ward. Denn der Widerstand gegen die Liebe und Einfachheit des Lebens, war gewissermaßen professionell in mir organisiert. Und was man echt gut kann, gibt keiner so gern auf. Hier hilft nur Mitgefühl, mit dem Anderen und sich Selbst.

Denn, was bringt es Recht zu haben? Jetzt nicht gerade vor Gericht, nein weit zuvor, in der sogenannten Normalität des Alltags. Eventuell vorübergehend einen geschwollenen Kamm, doch ist dieser wahrlich nur sehr kurzlebig und oft von Einsamkeit begleitet. Auch das Beharren auf einer Sicht, die für keinen einzigen Menschen vorteilhaft ist, kann doch nicht mein Ernst sein. Will ich denn für mich und alle Mitmenschen tatsächlich das Schlechte, das Üble und die Dunkelheit voraussehen? Bin ich denn blind oder gar grausam?

Es gibt so vieles, was total unwichtig ist. Dies gilt es zu erkennen und genau dort kann man dann beginnen, auf das Rechthaben zu verzichten. Nicht großmütig oder überheblich, einfach aus Vernunft und Mitgefühl. Still und ohne Rechtfertigung, einfach so, weil man den Frieden Selbst und auch für jeden Anderen wirklich will. Und an dieser Stelle ist dann der Wille Gottes und der meine Eins, sodass tatsächlich passieren und erlebt werden kann, was passieren soll, weil es allen in Liebe dient.

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