Zeitlos lebhaft

von Luxus Lazarz

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Der Tag ist wundervoll. Ich bin allein in Gott. Seit Anbeginn des Tages hat es geregnet. Vor einer Stunde klang der Regen sanft aus, und durch das geöffnete Fenster kann ich jetzt die Tropfen von den Bäumen fallen hören. Auch am Fenster rinnen sie leise herab, um dann auf dem Fenstersims zu erklingen. Nun hört mein Ohr weit im Land die Vögel singen. Die Luft ist frisch und klar, ein leichter Windhauch streift hin und wieder über das Gesicht. Erfrischt und streichelt mich zugleich. Ich habe Zeit, weil ich es will. Alles, was der Mensch gemacht hat, untersteht ja ihm.
So kann er dem Gemachten maßlose Bedeutung und scheinbare Macht verleihen, kann es regeln, nutzen und auch stutzen, ganz so – wie es beliebt. Eine Tatsache, die in Vergessenheit gerät, sobald man sich dem Selbstgemachten unterwirft.

Die Zeit hat offensichtlich der Mensch gemacht, denn wahr ist, Gott braucht diese nicht.

Nun kann man 1 und 1 zusammenzählen oder sich auch ein Stück weiter diesen Gedanken hingeben. Dann wird wundersam leicht erkannt, dass all jenes, was mit der Zeit verknüpft scheint, ebenfalls dem menschlichen Geist entsprungen sein muss. Denn auch dieses wurde (und wird) gemacht.

Was braucht nun Zeit, was zeigt sich da, wenn man in sein Denken und auf das eigensinnige Handeln schaut? Es ist wahrlich mehr als erstaunlich, wie sich die Dinge selbst offenbaren. Zum Beispiel, um Wut und Zorn zu haben, muss man solches nähren, denn diese werden gebaut – aus Gedanken, müssen beharrlich bestätigt und untermauert werden, um ein Treiben zu rechtfertigen, was niemanden nützt. Wiederum, um sich zu freuen, bedarf es keiner Zeit, denn Freude kann den Menschen bei allem begleiten, ohne dass er etwas Besonderes dafür tun muss. Sie ist einfach da, wenn der Mensch sich dem, was ist, ohne inneren Widerstand hingibt und ein Licht darin erkennt.

Auch die Krankheit braucht Zeit, um sich zu entwickeln, ebenso das Altern, genau wie das Leid. Wieso dem so ist, lässt sich im Rückblick erkennen. Alles wahrhafte Leben an und für sich – braucht keine Zeit, denn es findet niemals außerhalb des Jetzt statt. Die Liebe, also das Lebendige in uns, ist immer da, am Tage und in der Nacht. Immer ist auch keine Zeit. Immer ist Jetzt.
Mag sein, dass ein Mensch glaubt – Zeit zu brauchen, um etwas zu lieben, was er anfänglich nicht wirklich mag, beziehungsweise glaubt, nicht zu wollen. Doch sogar die Feldhasen wissen, die Liebe ist immer da. Allerdings nur selten – nimmt der Mensch das Geschehen um sich herum, mit einem 1. Blick wahr. Betagte und erfahrene Blicke stehen im Kurs des Verstandes – weitaus höher in Gnade als jene natürliche Güte der ersten Augenblicke, in denen man sich dem Unbekannten furchtlos zuwendet.

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