Deutungen

von Luxus Lazarz

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Wenn ich mir – dessen vollkommen bewusst werde und bin, dass das Jetzt unleugbar wirklich die einzige Zeit ist, die es jemals in meinem Leben gibt, gegeben hat und es mit hoher Wahrscheinlichkeit – auch so bleiben wird, gibt es gar keine Zeit darüber hinaus.

Wie kann ich dann etwas planen, organisieren und besitzen, was es gar nicht gibt?

Nur in meiner Fantasie.

Eine Fantasie ist keine Wirklichkeit, kann jedoch derart gefühlt und wahrgenommen werden, als wäre sie real.

Nimmt man das Wort „real“ und macht daraus ein ReAll, so stehen sich das All und ein König gegenüber. Genauer besehen, ist der König, also das Re im ReAll, auf dichteste Weise mit dem All verbunden. Das Re entspringt hier einer alten Bezeichnung für den König. Im Spanischen wird es Rey geschrieben. Die Königin ist dort eine Reina. Im deutschsprachigen Raum wird der Vorsilbe „re“ eine Art „zurück“, beziehungsweise Widerspruch zugeordnet. Manchmal jedoch auch eine Umordnung, wie zum Beispiel im Wort Reformation. Im königlichen Schachspiel ist es das Wort, welches den Konterangriff – eines in Bedrängnis geratenen Königs ankündigt. Wobei der König diesen seltenst selbst ausführt. Dies ist die Bestimmung von des Königs Spielfiguren auf dem Schlachtfeld. Denn nichts anderes ist ein Schachbrett.

Der König und das All sind also in ReAll miteinander verbunden. Und auch, wenn es schier unglaublich klingt und nicht ohne Selbstbeobachtung erkennbar ist, so schaut das All ohne Unterlass auf den König, während der König überwiegend – nur auf sich selbst und sein kleines Reich blickt. Kleines Reich deswegen, weil es wohl kein größeres Reich gibt, als das All in seiner Gesamtheit dem Menschen vorstellbar dünkt.

Die Wahrheit ist immer schön, weil sie von Zweifel, Irrtum und Schuld erlöst. Und was könnte schöner und lieblicher sein, als frei von diesen Qualen – im Jetzt zu verweilen?

Öffnet man sich für das Vorstehende, bezüglich des ReAll und stellt sich dieses als ein Bildnis im Geiste vor, man kann es auch malen, sieht man dort das grenzenlose All und einen winzigen Punkt darin, welcher für den König und sein armseliges Reich im Unendlichen steht. Erkennbar wird ebenfalls, dass das All tatsächlich den König – zweifelsfrei aus jeder Perspektive sehen kann. Der König wiederum, kann das All gar nicht sehen, da die Grenzen seiner Fähigkeit wahrzunehmen, stets an einem Horizont enden.

Das All sieht den König, sieht all dessen Versuche, sein Reich im All beständig zu machen, zu erweitern, zu verwerfen und wieder neu zu erfinden. Doch das All schüttelt darüber nicht den Kopf. Also angesichts dieser befremdlichen Anstrengungen und Bemühungen, denn es weiß, dass der König und sein Reich – im All ein Scheinleben führen. Auch ist der König dem All keinesfalls fremd, denn im All residierend, ist und bleibt er ein Teil vom All und träumt nur davon, dass dem nicht so sei. Träumt, dass er ein König wäre, dessen Reich begrenzt ist, angegriffen werden kann und verteidigt werden muss.

Das All weiß, irgendwann erwacht der König aus seinem Traum, und dann wird er sich erinnern, erkennen und erleben, dass ihm das ganze All zur freien Verfügung steht. Darüber hinaus hat das All gar keinen Kopf, den es schütteln könnte. Das All macht auch keinerlei Anstalten, den König in sich zu vertilgen, denn einen Darm ist dem All ebenfalls unnötig.

Da fragt man sich doch glatt, wie es das All geschafft hat, so ganz ohne Kopf und Darm, derart groß und grenzenlos daher zu kommen, dass der König sich in Ihm träumend – scheinbar verlieren kann. Dem All sei Dank, dass kein Traum ewig währt, weil solcher sich eben nicht, derart grenzenlos erleben und gestalten lässt, wie es dem All gegeben ist, in dem der Träumende sich selbst, seine eigenwillige Ansicht des Lebens glaubhaft macht.

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